Jahrzehntelang stand ein rot angepinselter Pflanzkübel am
Eingang eines Hauses in Brandis. Sicher nichts Besonderes, außer,
dass er aus 15 mm dickem Stahl bestand und am oberen Rand eine auffällige
doppelte Nietreihe besaß. Solange man sich solcher Alltäglichkeiten
nicht annimmt, werden Raritäten noch heute unerkannt in der
Weltgeschichte rumstehen und irgendwann im Schrott landen... Die
Nachfrage, was das mal war, wurde mit Schulterzucken beantwortet
und mit dem Nebensatz „wer es weiß, bekommt das Teil“
in unserer Rechercheseele angestachelt.
Brandis – Flugplatz – Raketenjäger schoss es gleich
durch den Kopf. Doch können solch schwere Stahlteile angebaut
sein? Ein Blick in die entsprechenden Handbücher der Me-163
bestätigten sofort den Anfangsverdacht: Da stand eine Bugpanzerung
(Bugkappe) des „Flohs“ als hübscher Blumenkübel
am Haus – eine perfekte Konversion von Kriegsgerät.
Nach dem Sandstrahlen offenbarte sich die Herstellungstechnologie
(3 zusammengeschweißte 1/3 Schmiedeteile), zeigten sich Anbaupunkte
für die Einbauten und verbogene Auflagelaschen und abgerissene
Nieten gaben Anlass zur Spekulation, dass das ein „entsorgtes“
Unfallteil ist. Glücklicherweise legte das Sandstrahlen auch
ein dreieckiges Werksnummerschild frei, das freundlicherweise vom
LKA Sachen untersucht wurde. Doch tiefster Rostfraß und möglicherweise
Rekristallisation der eingeprägten Schlagkennzeichnung durch
Feuer ließen leider nichts mehr erkennen. Interessant auch
die auf der Außenseite gefundenen Reste der Abdeckung der
Schraubenlöcher mit grünem Kitt, die die Oberfläche
strömungsgünstiger machten.
Was kann aus diesem Fund werden? Innerhalb unseres Vereins wollen
wir das Teil restaurieren, komplettieren und mit dazugehörigen
anderen Me-163 Elementen (wie z.B. das Instrumentenbrett, was schon
gute Komplettierungsfortschritte macht) als Ausstellungsexponat
herrichten. Bereits vorhandene Ergänzungen (Generator, Regler)
machen sie in Verbindung mit der in Aussicht gestellten Dauerleihgabe
des zugehörigen Raketentriebwerkes HWK 109-509 zu einem exotischen
Exponatensemble.
Die ca. 250 Nieten am oberen Flansch wurden ausgebohrt. Hier soll
ein neuer Anschluss angenietet werden, der die lösbare Verbindung
zur Zelle ermöglicht. Neben dem weiteren Ersetzen der vergammelten
Schrauben und Halterungen sind auch schon die Laschen gerichtet
worden und alles Korrosion geschützt. Dann geht es an die Ausrüstung
der Kappe. Das wird nicht so schnell möglich sein, da der Zukauf
von Propeller, Funkgerät etc. ein finanzieller Kraftakt darstellt,
den ein gemeinnütziger Verein kaum ohne Sponsoren durchführen
kann. Auch scheint es manche Bauteile einfach nicht mehr zu geben
(Entstörer). Doch wir sind optimistisch und hoffen auf weitere
Teile. Eine ganze Me-163 werden wir wohl nie komplettiert bekommen.
Doch das Sichern und Bewahren dieser technischen Raritäten
ist ja auch schon mal was.
Unsere Bitte: Sollten Sie Teile der Me 163 besitzen, oder Hinweise
geben können, wo sich Teile befinden könnten, so wenden
Sie sich vertrauensvoll an uns. Wir sind für jeden noch so
kleinen Hinweis dankbar (0351 4633 6646; 0172 485 384 3).
Ihr
Olaf Przybilski
Ergänzung 2005:
In diesem Jahr konnten große Fortschritte an der konstruktiven
Komplettierung unserer Bugkappe erreicht werden. Die Lehrlingswerkstatt
der EADS Elbe Flugzeugwerke GmbH, Dresden fertigten die fehlenden Teile
(Anschlussspant, Lufteinlaufhutze) und nieteten sie an. Die äußerlich so
komplettierte Kappe kann sich sehen lassen. Vielen Dank!
Zur „Langen Museums-Nacht 2005“ konnten wir sie zeigen.
Freundlicherweise lud uns das Militärhistorische Museum ein, als Gast
einiges aus unserem Arbeitsgebiet vorzustellen. Die Resonanz war
überwältigend.
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